Kanzleimarketing: echte Hilfe oder Aktionismus?
LinkedIn-Kommunikation in Krisenzeiten
Wurden noch vor ein paar Tagen Anwälte belächelt, die sich ernsthaft mit LinkedIn auseinandergesetzt haben, wird jetzt gepostet, dass es nur so dampft. Auch auf LinkedIn haben die Schlagzahlen enorme Höhen erreicht. Anwälte glauben zum Teil, dass das jetzt ihre Stunde sei. Sie hauen alles raus, schüren zum Teil Ängste und bewegen sich unsicher. Jetzt allerdings wäre genau die richtige Zeit, sich abzuheben und durch ehrliche und echte (Hilfs-)Angebote Sympathien zu erzeugen.
Emotionen, Emotionen – Vertrauensbildung bei LinkedIn
Was glauben Sie, wonach Ihre Mandanten Sie im Wesentlichen aussuchen? Was denken Sie, zu wem Mandanten ehrlich sind, mit wem ihnen die Zusammenarbeit Freude macht? Wen würden sie sogar weiterempfehlen? Oder gehen Sie von sich aus: Wen beauftragen Sie als Anwalt? Wir beauftragen den, dem wir vertrauen. Oh – jetzt höre ich schon die Rufe aus der zweiten Reihe: Das funktioniert vielleicht beim b2c-Geschäft, aber nicht bei Wirtschaftskanzleien im b2b-Bereich. Ich sage: Doch! Anwälte verkaufen eine vertrauensbasierte Dienstleistung. Es geht immer um den Aufbau von Beziehungen – aber besonders im Beratungsmandat. Es geht immer um Menschen und selbstverständlich um Emotionen. Aber die Sache mit der Emotion ist für den Anwalt nicht selten ein Problem: Im Zusammenhang mit seiner Leistung empfindet er „Emotion“ als Antagonismus zur Professionalität.
LinkedIn ist ein soziales Netzwerk. Vom Verhalten her ist es kühler als Facebook, aber emotionaler als Xing. LinkedIn bietet die hervorragende Möglichkeit, sich ein Netzwerk direkt in die eigene Zielgruppe aufzubauen und natürlich auch Schlagworte zu besetzen. Wer mit Hashtags, dem richtigen Sharen und vor allem nutzbringenden Inhalten umzugehen weiß, hat jetzt einen Vorteil.
Vom Silodenken und Wissenteilen
Gerade in Wirtschaftskanzleien erlebe ich häufig eine Art Silodenken. Dieses Denken ist gerade jetzt aber alles andere als gefragt. Jetzt gilt es, sich für die Zeit danach zu positionieren. Jetzt gilt es, aktiv zu helfen und nutzbringend und sympathisch zu posten, so dass sich Mandanten danach an ihre Anwälte, ihre Kanzleien erinnern. Denken Sie also beim Posten an die Zeit danach. Jetzt heranzugehen und zu glauben, man könne aus der aktuellen Situation Gewinn schlagen, wirkt unsympathisch und baut Vertrauen ab.
Kommunikation und Bildsprache
Bedenken Sie auch – rein technisch – die Platzierung von geeigneten Keywords. Es macht einen Unterschied, wie Sie Dinge benennen. Formulieren Sie also im besten Fall im Sprachritual Ihrer Zielgruppe. Denn so, wie Ihre Mandanten sprechen, suchen Sie auch. Die Sprache Ihrer Mandanten wird zudem auch aus ihrem Medienverhalten heraus gesteuert. Ein genauerer Blick zu Medien wie FAZ, Handelsblatt und Deutschlandfunk lohnt.
Zur Bildsprache: Mit dem tausendsten Bild eines Virus erlangen Sie keine Aufmerksamkeit. Ich persönlich bin gerade jetzt für eine positive Ausstrahlung in der Bildsprache. Ja, da darf (für mich) auch eine Becker-Faust gezeigt werden, wenn man über die Genehmigung von Stundungsanträgen bei Finanzämtern oder Krankenkassen schreibt. Alles, was dramatisiert, den Druck noch erhöht, Angst macht, wollen die Leute jetzt nicht mehr sehen. Sie möchten Hoffnung spüren und auch das Gefühl haben, dass die Kanzlei ihres Vertrauens jetzt nicht aufgibt.
Posten Sie trotzdem auch weiter Deals, wenn es sie gibt – kommunizieren Sie Erfolg sensibel.
Jedes soziale Netzwerk, jeder Post ist immer auch eine Einladung zum Dialog mit der Community. Reagieren Sie, goutieren Sie Kommentare und reagieren Sie professionell – auch wenn es mal Kritik geben sollte.
Meine Tipps für Sie
- Beobachten Sie die Kommunikation des Wettbewerbs. Wenn etwas Sie negativ triggert, schauen Sie genau hin, warum das so ist.
- Checken Sie Hashtags. Ein Hashtag kann verbindend wirken und für Gemeinschaft oder eine Botschaft stehen. Sinnvoll allerdings ist er dann, wenn er Follower hat und diese Follower auch noch Ihre Zielgruppe sind.
- Teilen Sie Nutzen und halten Sie Wissensvorsprung nicht mit dem Gedanken zurück, dass man den doch „verkaufen“, also damit Mandate generieren könnte. Denken Sie daran, dass Sie eine Verantwortung für Ihre Mandanten haben, denn die werden Sie auch morgen wieder beauftragen. Seien Sie altruistisch.
- Bewahren Sie Ihre Werte und lassen Sie sich nicht vom Wettbewerb ins Bockshorn jagen. Nur wenige Kanzleien haben im Moment wirklich durchdacht, was sie da tun. Bleiben Sie ruhig und agieren Sie nicht aktionistisch.
- Wenn Sie Verantwortung für eine größere Einheit haben, formulieren Sie eine Policy, damit es keine reputationsschädigenden Ausreißer gibt.
- Reagieren Sie, wenn Sie die Zeit haben, auf Posts Ihrer Mandantschaft. Gern auch einen Tick emotionaler als sonst – zeigen Sie Ihre Verbundenheit.
- Denken Sie für Ihre Mandantschaft mit – denken Sie genau darüber nach, was diesen Mandanten, oder Zielmandanten, jetzt helfen könnte.
- … und vor allen Dingen: Bleiben Sie gesund und verlieren Sie Ihre Besonnenheit nicht.
Weitere Tipps zu LinkedIn finden Sie im kostenlosen LinkedIn Knigge für Anwälte und Kanzleien. Hier geht es zum Download.